Zur sog. Landreform in Namibia –
Stand: Dezember 2006/Januar 2007
Sie erinnern sich an ONGOMBO-WEST – die erste zwangsenteignete Farm in Nambia?
Ein durch Unaufmerksamkeit einer Farmarbeiterin zerquetschtes Gänseküken, der Streit um die Verantwortlichkeit darüber, der in einen durch die Landarbeitergewerkschaft militant unterstützten Arbeitskampf eskalierte, bedeutete für die alteingesessene Familie Wiese die Aufgabe ihrer hochproduktiven Farm, und für die 15 Angestellten der Verlust ihrer gesicherten Arbeitsplätze mit Lohn und Wohnung für alle Familienangehörigen!
Die Farm ging am 1. Dezember 2005 in Staatseigentum über. Die Zeitungen berichteten damals täglich vom Abschied in Raten der Familie Wiese vom ihrem Besitz und den von ihnen inzwischen zum Schutz vor Grabräubern einbetonierten Gräbern ihrer Vorfahren. Auch wir, vom Hilfskomitee Südliches Afrika e.V. nutzten die Gelegenheit, die Familie Wiese an einem ihrer letzten Tage auf Ongombo-West zu besuchen. Natürlich war von der Blumenzucht, die man sehr erfolgreich betrieb, nicht mehr viel zu sehen, und natürlich war auch das alte Farmhaus von Möbeln und Bildern schon geräumt, und trotzdem: alles sah sauber und gepflegt aus für die offizielle Übergabe an die Regierungskommission.
Regierung und Gewerkschaften betonten zwar immer, das Gelände Landlosen, und in erster Linie den ehemaligen Arbeitern zu überlassen, aber monatelang tat sich gar nichts. Man setzte lediglich sog. Verwalter ein die aufpassen sollten, daß nichts verschwindet. Diese Wärter bereicherten sich jedoch erst einmal selbst. Das Gelände war quasi zur illegalen Demontage freigegeben!
Jetzt, mehr als ein Jahr nach dem Zwangsverkauf, sieht Ongombo-West trostlos aus, und die Produktion liegt völlig brach.
Die Gemüse- und Blumenbeete sind vertrocknet, die Bewässerungskanäle zerfallen. Die ca. 4.000 ha große Farm wurde in vier Einheiten geteilt. Zwei Einheiten davon wurden an Regierungsbeamte vergeben, die nur alle paar Tage überhaupt auf die „Farm“ kommen. Ihre kleine Gemüseernte reicht allenfalls für den Eigenverbrauch. Auf ca. 1000 ha Land erwirtschaften diese Leute kaum mehr als ein deutscher Schrebergärtner! Trotz aller klimatischen Schwierigkeiten ein erbärmliches Resultat.
Lediglich eine Einheit wurde an ehemalige Angestellte der Familie Wiese vergeben. Hier leben auf 1.391 ha 8 Familien mit zusammen ca. 60 Personen! Wovon sie leben? Von der Monatsrente einer alten Großmutter!! Was sie sonst noch „einwerben“, ist nicht bekannt. 35 erwachsene Leute haben sich noch nicht einmal außerhalb der Farm um Arbeit bemüht! Sie jammern nur über fehlendes Saatgut und Wassermangel, weil die Pumpe nicht mehr funktioniert. Das Wort „Eigeninitiative“ kennt man nicht. Man bettelt praktisch nur noch ums Überleben! Das ist aus der einst blühenden Farm Ongombo-West geworden, und die Regierung läßt dieses durch Presse und Fernsehen bekannte „Vorzeigeobjekt“ tatenlos verkommen!
Die Landreform steht unter Druck! Die gewünschten Erfolge bleiben aus, und Kritik hagelt es von allen Seiten, nicht zuletzt von kompetenten Einrichtungen.
Im Dezember 2006 wurde von drei nichtstaatlichen Instituten (namibisches Wirtschaftsinstitut NEPRU, Institut für öffentliche Politforschung IPPR und Zentrum für Rechtsbeistand LAC) ein Gutachten veröffentlicht, dessen Schlußfolgerungen katastrophal sind. Demzufolge sei das staatliche Neusiedlerprogramm der letzten 16 Jahre gescheitert! Weder den Landlosen noch den Armen hätte es zur Selbstversorgung verholfen! Das Leistungsergebnis aller Programme sei nur ein Verlust für die Volkswirtschaft unter der Berücksichtigung, daß die Neusiedlerfarmen zuvor für kommerzielle Zwecke verwendet wurden und zum Bruttosozialprodukt beitrugen. Fürwahr klare Worte! Ob die Regierung aber daraus Schlüsse zieht, ist mehr als fraglich. Hat man doch in jüngster Vergangenheit wieder eine Kommission losgeschickt, die verschiedene Farmen zwischen Okahandja und Otjiwarongo besucht hat. Bemerkungen aus Kreisen dieser Delegation, wie „die Region scheine bestens für die Landreform geeignet zu sein“, lösen natürlich große Unruhe bei den „besuchten“ Farmern aus. Und: das „Beamtenfarmen“ scheint immer beliebter zu werden. Nach jüngsten Zahlen besitzen bereits 646 Personen aus schwarzer Regierung und Politik 741 Farmen. Wenn man sich diese Zahlen vergegenwärtigt, kommt man schnell zu dem Ergebnis, daß schon fast 100 Politiker mehr als eine Farm besitzen! Und: diese fallen mehr oder weniger alle aus der Statistik der Volkswirtschaft heraus, da sie nur als Wochenend-Landsitze genutzt werden.
Welches Fazit soll man nun aus dieser Misere ziehen? Wenn sich, wie z.B. bei Ongombo-West seit einem Jahr nichts gebessert hat, wie sieht dann die Zukunft aus? Welche Zukunft haben Neusiedler, die vielleicht „anpacken“ könnten, die aber kein Startkapital bekommen, da sie den Banken keine Sicherheiten bieten können. Die Regierung vergibt bekanntlich Land nur noch als Pachtland. Das gilt auch für die 4.000 ha Ongombo-West. Wenn zu den fehlenden Besitzrechten auch noch ungenügende Fachkenntnisse kommen, sieht die Zukunft nicht rosig aus. Das gilt nicht nur für die schwarze Landbevölkerung, sondern auch für die Volkswirtschaft des ganzen Landes, die weißen Farmer, die immer mehr verunsichert werden, eingeschlossen.
Hilfskomitee Südliches Afrika e.V.
-Der Vorstand-